Der Bau oder der Kauf einer Immobilie in Österreich oder Deutschland wird in den meisten Fällen über eine Baufinanzierung realisiert. Die Immobilienfinanzierung ist in beiden Ländern an bestimmte Voraussetzungen und Regeln gebunden. Der folgende Artikel klärt auf, wo genau die Unterschiede in der Baufinanzierung zwischen Deutschland und Österreich liegen und welche Kriterien im jeweiligen EU-Land erfüllt werden müssen.
Deutschland & Österreich: Unterschiede & Gemeinsamkeiten
Bei den vielen unterschiedlichen Finanzierungsmöglichkeiten für den Kauf oder Bau eines Hauses ist es kaum möglich, auf Anhieb die richtige Auswahl zu treffen. Deswegen ist es besonders wichtig, sich im Vorfeld gut zu informieren und die Angebote von Banken und anderen Kreditinstituten genau zu prüfen. Eine gründliche Recherche sowie fachkundige und kompetente Beratung kann tausende Euro sparen. In Österreich und Deutschland gibt es in Bezug auf die Finanzierung von Immobilien einige Unterschiede, aber auch Gemeinsamkeiten.
Grundvoraussetzungen für eine Baufinanzierung in Deutschland
In Deutschland muss die Person, die einen Immobilienkredit aufnehmen möchte, mindestens volljährig sein. Zudem sollte sie einen festen Wohnsitz und ein Bankkonto vorweisen können. Eigenkapital ist zwar definitiv von Vorteil, aber in Deutschland kein Muss. Um jedoch einen Immobilienkredit ohne eigenes Kapital zu bekommen, muss die Bonität hervorragend und das Einkommen über einen langen Zeitraum sicher sein. Die Genehmigung der Finanzierung wird generell von der Kreditwürdigkeit, der Höhe des Eigenkapitals sowie dem Immobilienwert beeinflusst. Wie günstig die Finanzierung ausfällt, hängt ebenfalls vom eigenen Kapital sowie vom Zinssatz und der Tilgungsgeschwindigkeit ab.
Grundvoraussetzung für eine Immobilienfinanzierung in Österreich
Ein Immobilienkredit in Österreich wird genau wie im Nachbarland nur an volljährige und geschäftsfähige Personen mit festem Wohnsitz und Einkommen vergeben. Ein wichtiger Unterschied ist jedoch, dass es seit Mitte des Jahres 2022 eine Eigenkapitalquote von 20 % erfüllt werden muss. Käufer und zukünftige Bauherren müssen daher mindestens 20 % des Kaufpreises inklusive Nebenkosten selbst aufbringen, um einen Kredit bewilligt zu bekommen. Die Chance auf eine Finanzierung hängt daher vom Eigenkapital, dem jeweiligen Einkommen, der Bonität sowie dem Immobilienwert ab. Je mehr Eigenkapital und Einkommen eine Person aufweist und umso kürzer die Tilgungsgeschwindigkeit ist, desto günstiger wird die Baufinanzierung.
Welche Möglichkeit zur Baufinanzierung gibt es?
In Österreich und Deutschland gibt es unterschiedliche Möglichkeiten zur Finanzierung von Immobilien.
Möglichkeiten zur Immobilienfinanzierung in Deutschland
Wird in Deutschland ein Haus oder eine Wohnung erworben, wird mindestens der Großteil des Kaufpreises über eine Baufinanzierung beglichen. Um diese zu erhalten, stehen Käufern verschiedene Optionen zur Verfügung. Ein Kredit kann bei einer Bank oder einer Versicherungsgesellschaft aufgenommen werden. Darüber hinaus vergeben auch staatliche Einrichtungen Baukredite und es gibt spezielle Förderungen für den Kauf oder die Sanierung von Immobilien. Zu den verschiedenen Finanzierungsmöglichkeiten gehören:
- Hypothekendarlehen / Annuitätendarlehen
- Bauspardarlehen
- staatliche Fördermittel
- Versicherungsdarlehen
Die Mehrheit der Baufinanzierungen in Deutschland werden über Hypotheken oder Annuitätendarlehen vergeben. Diese werden häufig für einen bestimmten Tilgungszeitraum mit einem Fixzins vereinbart (Zinsbindung). An deren Ende ist oftmals noch eine Restschuld offen. Sie kann direkt beglichen oder refinanziert werden, wobei eine neue Zinsbindung vereinbart wird.
Tipp: Für maximale Planungssicherheit sorgen Annuitätendarlehen mit fixem Zinssatz. Bei dieser Variante bleibt die monatliche Tilgungsrate gleich hoch. Im Laufe der Zeit steigt der Tilgungsanteil der Rate, während der Zinsanteil sinkt.
Möglichkeiten der Baufinanzierung in Österreich
In Österreich gibt es vier Möglichkeiten eine Immobilie über einen Kredit zu finanzieren. Bei einer Bank, einem Kreditinstitut, einer Versicherung oder dem Land können die entsprechenden Darlehensformen beantragt werden. Zu diesen zählen:
- Annuitätendarlehen
- Hypothekarkredit
- Bauspardarlehen
- Wohnbauförderung
In Österreich sind Annuitäten- und Bauspardarlehen die meist gewählten Finanzierungsformen. Dabei haben Kunden die Wahl zwischen einem Fixzins oder einem variablen Zinssatz. Zudem werden oftmals verschiedene Kredit- und Zinsformen kombiniert. Dadurch ist es beispielsweise möglich, die zu finanzierende Summe zu 50 % mit einem Fixzins zu wählen und die übrigen 50 % mit einem variablen Zins. Der Tilgungszeitraum wird außerdem so festgelegt, dass es an dessen Ende keine Restschuld gibt.
Tipp: Man sollte die üblichen Stolperfallen beachten und sich vorab genau zum Thema Baufinanzierung in Österreich informieren!
Um sich für die späteren Jahre der Kreditlaufzeit mehr finanziellen Freiraum zu sichern, sind Tilgungsdarlehen ideal. Bei diesen bleibt die Tilgungssumme konstant, der Zinsanteil sinkt mit der Zeit, da er anhand der Restschuld ermittelt wird. So werden die Raten mit der Zeit immer kleiner.
Grundlegende Unterschiede bei der Immobilienfinanzierung
- Eigenkapitalanteil
- Restschuld
- Baunebenkosten
- Bauzinssatz
Während in Deutschland Immobilienkredite auch ohne Eigenkapital möglich sind, müssen Antragssteller in Österreich mindestens 20 % Kapital mitbringen. Durch eine ebenfalls 2022 eingeführte Änderung gibt es zudem in beiden Ländern eine Maximallaufzeit für Immobilienkredite von 35 Jahren.
Darüber hinaus müssen die Kreditvergabeinstitute in beiden Ländern vor der Kreditvergabe die Einkommensentwicklung der Kreditnehmer auf deren Lebenszeit beachten. Die Hypothek sollte idealerweise vor dem Eintritt ins Rentenalter getilgt sein.
Der nächste Unterschied zwischen den beiden Ländern liegt in der Höhe der Bauzinsen. Auch wenn es sowohl in Deutschland und Österreich verschiedene Zinsmodelle wie den variablen und den fixen Bauzinssatz gibt, unterscheiden sich diese in der Höhe. So liegen diese (Stand August 2023) in Österreich zwischen 3,5 und 4,4 %. In Deutschland liegen sie hingegen zwischen 4,1 und 4,8 %. Auch wenn der Unterschied nicht sehr hoch ist, kann er bei den aktuellen Immobilienpreisen einen immensen Unterschied ausmachen.
Unterschiede bei den Baunebenkosten
Der nächste Unterschied zwischen Deutschland und Österreich zeigt sich in den Nebenkosten bei der Bau- oder Immobilienfinanzierung. Sie sind ein häufig unterschätzter Faktor bei der Finanzierung einer Immobilie. Dazu gehören alle Kosten, die zusätzlich beim Bau, Kauf oder der Sanierung anfallen. Steuern, Provisionen, Planungen oder Gutachten zählen beispielsweise zu den Nebenkosten.
Die Grunderwerbssteuer beträgt in Deutschland je nach Bundesland zwischen 3,5 und 6,5 % des aktuellen Grundstückskaufpreises. Dabei ist es egal, ob das Grundstück aus einem Kauf, einer Schenkung oder Erbschaft stammt. In Österreich ist dies ein wenig anders geregelt. So liegt die Grunderwerbssteuer bei 3,5 % für neu erworbene Grundstücke. Für Erbschaften oder Schenkungen liegt sie hingegen zwischen 0,5 und 3,5 %, wobei es auf den Wert des jeweiligen Grundstücks ankommt.
Auch die Maklergebühren unterscheiden sich in den beiden Ländern. In Österreich ist die gesetzlich zulässige maximale Maklerprovision gestaffelt. Sie liegt zwischen 3,6 und 4,8 % des Kaufpreises oder entspricht einem Pauschbetrag für eine speziell festgelegte Kaufpreisspanne. In Deutschland gibt es keine gesetzliche Gebührenordnung für die Maklerkosten. Die Provision ist daher frei verhandelbar und kann deutlich höher ausfallen als im Nachbarland.
Grundbucheintrag & Notargebühren
In Bezug auf die Baunebenkosten spielen auch die Gebühren für den Grundbucheintrag sowie die Notargebühren eine wichtige Rolle. In Österreich berechnet der Rechtsanwalt oder der Notar zwischen 2 und 5 % des Kaufpreises für seine erbrachten Leistungen. Allein für den Eintrag ins Grundbuch muss rund 1,1 % des Immobilienkaufpreises eingeplant werden.
In Deutschland gilt ein Richtwert für den Grundbucheintrag von rund 1,5 % des Immobilienpreises. Dieser setzt sich aus 1 % Notarkosten und 0,5 % für den eigentlichen Grundbucheintrag zusammen.
Achtung!: Wer als EU-Ausländer in Deutschland oder Österreich eine Immobilie erwerben möchte, muss im Falle einer notwendigen Hypothek eine Immobilie im Heimatland einsetzen.
Baufinanzierung im Ausland beantragen
Sowohl in Österreich als auch in Deutschland haben auch ausländische EU-Bürger Möglichkeiten zur Baufinanzierung. Möchte ein Deutscher eine Immobilie in Österreich kaufen, stehen diesem verschiedene Optionen zur Auswahl. Bevor er diese in Anspruch nehmen kann, sollte er jedoch bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Entweder muss der Hauptwohnsitz in Österreich liegen oder die Person arbeitet hauptberuflich in Österreich. Trifft dies nicht zu, muss zuerst eine Genehmigung bei der Ausländer-Grundverkehrsbehörde beantragt werden. Sind alle Hürden beseitigt, kann ein Hypothekardarlehen bei einer österreichischen Bank beantragt werden. Ein schöner Vorteil ist, dass auch Deutsche in Österreich ein Recht auf eine Wohnbauförderung haben.
Wer als Österreicher in Deutschland eine Immobilie erwerben und diese finanzieren möchte, muss aufgrund der Nachbarschaft keine speziellen Voraussetzungen erfüllen. Nur die Grundvoraussetzungen für einen Immobilienkredit müssen erfüllt werden. Da die Kreditformen sich jedoch von denen in Österreich unterscheiden, sollten sich die Käufer vorab genau über die jeweiligen Konditionen informieren.
Tipp: Wer sich vorab zum Thema Zinsgestaltung bei Baufinanzierung informiert, bekommt einen klareren Überblick, wie sich die Zinsen zusammensetzen.
FAQ
Können auch Ausländer in Deutschland oder Österreich eine Immobilie finanzieren?
Generell können auch ausländische Bürger eine Baufinanzierung im jeweiligen Land beantragen. Je nach Land müssen jedoch bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden. Dabei gelten für EU-Bürger einfachere Vorgaben als für internationale Personen.
Darf ich als Deutscher/Österreicher eine Bau- oder Wohnförderung beantragen?
Ja. Österreicher können in Deutschland für eine in Deutschland geplante Immobilie eine Bauförderung beantragen. Umgekehrt erhalten auch Deutsche eine Wohnbauförderung für Immobilien in Österreich.
Was sind die größten Unterschiede zwischen österreichischer und deutscher Baufinanzierung?
Um in Österreich eine Immobilie zu erwerben muss die Person entweder im Land leben, dort arbeiten oder eine spezielle Genehmigung vorweisen. In Deutschland sind keine derartigen Umstände notwendig. Zudem unterscheiden sich die Zinssätze für Bauzinsen, Makler- und Notargebühren. Des Weiteren muss in Österreich ein Eigenkapitalanteil von mindestens 20 % erbracht werden. In Deutschland kann eine Immobilienfinanzierung auch ohne Eigenkaptal vergeben werden.
Welches Zinsmodell bietet die meiste Sicherheit?
Hier kommt es auf das zu erwartende Lebenseinkommen sowie die wirtschaftliche Entwicklung an. Ein Darlehen mit Fixzins und Zinsbindung sichert Kreditnehmer vor zukünftigen Zinssteigerungen ab. Dafür sind sie meist teurer als variable Zinsen und es gibt keine Chance auf eine Zinssenkung, sollte das Zinsniveau sinken. Ein Kredit mit flexiblem oder variablem Zins kann im Laufe der Zeit deutlich teurer oder aber deutlich günstiger werden. Grund dafür ist die Abhängigkeit des Kreditzinssatzes vom Marktzinsniveau. Dafür sind variable Zinssätze meist günstiger als Fixzinssätze.
Die wichtigsten Begriffe rund um die Immobilienfinanzierung:
Bauzinsen
Dabei handelt es sich um die Kreditzinsen bei der Baufinanzierung.
Baunebenkosten
Sie bezeichnen die Kosten, die zusätzlich beim Immobilienerwerb oder -bau anfallen. Dazu gehören unter anderem die Kosten für Planung, Genehmigungen, Gutachten, Makler und Notar oder die Entsorgung von Baumaterialien.
Bonität
Ausdruck für die Kreditwürdigkeit und Zahlungsfähigkeit einer Person.
Eigenkapital
Finanzieller Betrag der von den Antragsstellern selbst mitgebracht werden muss.
Fixzins
Fester Zinssatz mit einem unveränderlichen Sollzins über einen vereinbarten Zeitraum.
Variable Zinsen
Die Zinsen orientieren sich an der Entwicklung des Leitzinses des Kapitalmarktes und können daher sinken oder steigen.
Annuitätendarlehen
Kredit mit dauerhaft gleichbleibenden Raten.
Hypothekendarlehen
Kredit mit Grundpfandrecht auf mindestens eine Immobilie.