Rechtslage Hecken schneiden – Darf mein Nachbar meine Hecke schneiden? – Selbsthilferecht

Regeln und Gesetze beachten hilft, eine gute Nachbarschaft zu erhalten! Tipp: Das Gespräch suchen und gemeinsame Lösungen finden! Bild: @photovs via Twenty20
Regeln und Gesetze beachten hilft, eine gute Nachbarschaft zu erhalten! Tipp: Das Gespräch suchen und gemeinsame Lösungen finden! Bild: @photovs via Twenty20

In den meisten Fällen leben Menschen mit anderen Menschen in Nachbarschaft und haben damit eine Begrenzung ihres eigenen Terrains zum anliegenden Bereich. Somit sind auch die Grundstücke sowohl miteinander verbunden als auch gegeneinander abgetrennt.

Sehr oft sind die jeweiligen Grundstücke eingehegt, z. B. durch einen Lattenzaun oder durch eine Hecke. Solche Hecken sehen in der Regel schöner aus als ein Zaun allein, ganz besonders, wenn sie gut gepflegt sind oder gar blühen.

Doch nicht selten bringen gerade diese Hecken auch Ärger mit dem Nachbarn, da sie lebende Begrenzungen sind und somit auch wachsen.

  • Für Liebhaber urbaner Lebensambiente könnte es schnell zu einer Toleranzüberschreitung kommen, die der Nachbar oder die Nachbarin nicht akzeptiert und nicht akzeptieren muss.
  • Und tatsächlich: auch in Zeiten von „Blühstreifen“ für Insekten und mehr Grün in unserer Umgebung gibt es hier klare Regeln, die das Thema „Hecke zwischen Nachbargrundstücken“ regelt.

In diesem kleinen Ratgeber soll es darum gehen, ob mein Nachbar meine Hecke schneiden darf. In aller Kürze gesagt: ja, er darf. Unter bestimmten Voraussetzungen natürlich. Und dazu nun mehr:

Meine Hecke und mein Nachbar

Eine Hecke kann hübsch anzusehen sein, Sichtschutz bieten und gleichzeitig verbinden, eine Nische für Vögel oder Kleinsäuger darstellen, bienen- und insektenfreundlich sein, Brutstätte für Singvögel werden, bei manchen Gewächsen auch blühen – und ggf. für Ärger sorgen.

> Recht rund um „Hecke schneiden“ in Deutschland – Für Details in Österreich bitte direkt bei einem Rechtsanwalt rund um Nachbarschaftsrecht und Streitigkeiten beraten lassen

Grund für etwaige Ärgernisse ist die Tatsache, dass Hecken rigoros gepflegt werden müssen, um nicht auszuwildern und somit zum Stein des Anstoßes zu werden. Dabei sollte ein umsichtiger Grundstückseigner bereits beim Anlegen der Hecke darauf achten, dass sich die Hecke, die die Begrenzung zum Grundstück des Nachbarn darstellt, möglichst von vornherein nicht zum Auswuchern neigt.

Ganz vermeiden lässt es sich jedoch nicht, dass sich die Hecke ständig verändern, in der Regel vergrößert und dabei auch in Richtung Nachbargrundstück wächst, denn diese Gewächse leben und breiten sich natürlich aus. Deshalb gehört die sorgsame Pflege einer Hecke von Anfang an dazu.

Bin ich verpflichtet, meine Hecke zu schneiden?

Im Grunde genommen, ja. Gleichwohl ist der Eigentümer der Hecke nicht per se dazu verpflichtet, die Hecke zu einem bestimmten Zeitpunkt oder regelmäßig zurückzuschneiden.
Zu Grunde liegt hier ein Urteil vom Obersten Gerichtshof in Wien vom 15. Juni 2016 (OGH | 4 Ob 41/16g), wonach der Grundstückseigner nicht nur nicht regelmäßig zum Rückschnitt der Hecke verpflichtet ist, sondern auch den Zeitpunkt des Rückschnitts seiner Hecke selbst frei wählen kann.

  • Dem gegenüber aber steht der Anspruch des Bewohners vom Nachbargrundstück, der nicht auf seinem Terrain durch herüber wuchernde Äste eingeengt werden darf oder durch Teile der herüber wachsenden Hecke auch Schaden erleiden könnte.
  • Es gilt auf jeden Fall das Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme.

Dahingehend ist der Eigentümer oder die Eigentümerin einer solchen Hecke an der Schnittstelle zum Nachbargrundstück selbstverständlich dazu verpflichtet, die eigene Hecke zu pflegen und so zu halten, dass von ihr weder eine Einengung noch ein Schaden für den Nachbarn entsteht.

Manchmal hilft ein nettes Gespräch mit dem Nachbarn, um eine gemeinsame Absprache zu treffen, wann, wie, in welchem Umfang man eine Hecke schneiden möchte und ob es dafür notwendig ist, ggf. die Hecke auch von der Seite des Nachbargrundstückes aus zu beschneiden.

Was sieht der Gesetzgeber bei der Pflege einer Hecke zum Nachbargrundstück vor?

Wer eine Hecke zum Nachbargrundstück hat, hat sie zu pflegen. Der Eigentümer bzw. die Eigentümerin der entsprechenden Hecke ist folglich dazu verpflichtet, dieser Pflege nachzukommen oder sich ggf. Hilfe zur Pflege der Hecke zu holen, wenn er oder sie u. U. aus gesundheitlichen Gründen oder bei längerer Abwesenheit nicht (mehr) selbst dazu in der Lage ist. Dabei sollte es für beide involvierte Nachbarn und auch für die Pflanzen der Hecke keine vermeidbaren Schäden geben.

Gibt es eine gesetzliche Regelung für den Rückschnitt der Hecke durch den Nachbarn?

Ja, eine solche gesetzliche Regelung gibt es. Diese ist verankert im so genannten „Selbsthilferecht des Nachbarn“ und findet sich im §422 ABGB.

Nach diesem Gesetz ist es einem Betroffenen möglich, die Hecke seines Nachbarn zu schneiden, wenn dieser seiner Verpflichtung und auch der Aufforderung durch den betroffenen Nachbarn nicht nachgekommen ist und dies auch in absehbarer Zeit weiter so halten will.

Was gilt es zu beachten, wenn man Nachbars Hecke selbst schneiden möchte?

Wie es im vorangegangenen Absatz bereits erwähnt wurde, handelt es sich bei diesem Gesetz um ein „Selbsthilferecht„. Dieses ist dazu gedacht, sich dann „selbst helfen zu dürfen“, wenn die Ansprache des Nachbarn erfolglos ist und keine Besserung erwartet werden kann.

Die Hecke des Nachbarn selbst schneiden zu dürfen, ist jedoch kein Freifahrtschein für Willkürhandlungen. Es geht also nicht, dass eine gepflegte Hecke dem betroffenen Nachbarn z. B. zu dicht erscheint und er deshalb das Blattwerk ausdünnt, obwohl diese Blätter nicht in sein Grundstück hineinragen.

Was muss der Nachbar hinnehmen und was nicht?

Bei einer Hecke geht es nicht nur um einen Bewuchs in der Breite, der auf das Nachbargrundstück herüberwächst und dort auch Gefahren verursachen kann, sondern auch um ein Wachstum in die Höhe.

  • Zwar ist ein durch eine Hecke entstehender Schattenwurf grundsätzlich vom Nachbarn hinzunehmen, jedoch ist mit einer Hecke natürlich auch ein (sicher auch beabsichtigter) Sichtschutz verbunden, der nicht höher als 1,80 Meter betragen darf. Bei allem, was diese Maße überschreitet, ist der Eigentümer zur Regulierung verpflichtet.
  • Lenkt der Eigentümer der Hecke nicht ein und tut er selbst nichts dafür, um Abhilfe zu schaffen, greift der §422 ABGB.

Wenn der Nachbar die Hecke schneidet….

Es gilt die Regel der gegenseitigen Rücksichtnahme. Diese ist auch eine Voraussetzung für die Anwendung des Selbsthilferechts. Danach sollten sich Nachbarn darüber einigen, dass eine Hecke so zu pflegen ist, dass sie weder in der Breite auf das Nachbargrundstück wächst, noch die gesetzliche Grenze von 1,80 Meter Höhe überschreitet. Auch eine Verwilderung ist zu vermeiden.
Ein gegenseitiges Verständnis, dass die Hecke den gesetzlichen Vorgaben entspricht, man ggf. beim Hecke schneiden auch Hilfe anbietet oder zeitliche Absprachen trifft, ist auf jeden Fall dem so genannten Selbsthilferecht vorzuziehen.

Kompliziert wird es, wenn man für den betroffenen Nachbarn zwar einerseits Verständnis haben kann, weil die Hecke die gesetzlichen Regeln überschreitet – dieser Nachbar aber selbst zur Säge greift und nicht sachgerecht die Hecke derart dezimiert, dass dadurch ein Schaden an den Pflanzen entstanden ist, die auch zum Zugrundegehen der Hecke führt. Dabei hätte dann der Eigentümer der Hecke ggf. Schadenersatzansprüche.

Fazit: Was sollte wer bei einer Hecke an der Grundstücksgrenze zum Nachbargrundstück beachten?

Der Eigentümer einer Hecke ist dazu verpflichtet, seine Hecke so zu pflegen, dass sie den Nachbarn nicht beeinträchtigt. Dazu gehört das Schneiden und Entfernen überhängender Zweige und abgestorbener Pflanzenteile. Auch die Höhe von maximal 1,80 Metern darf nicht überschritten werden. Zu einem regelmäßigen oder zeitlich festgelegten Rückschnitt ist der Eigentümer jedoch nicht verpflichtet, wenn die Hecke dies nicht durch ihren Wuchs und die damit einhergehende Beeinträchtigung des Nachbarn erfordert.

Der Nachbar hat in letzter Konsequenz das Recht, Äste und Blattwerk, das auf sein Grundstück ragt und ihn beeinträchtigt, selbst zu entfernen.

Dabei gilt es jedoch zu beachten, dass dieser Rückschnitt sachgerecht zu veranlassen ist, da die Pflanzen nicht beschädigt werden dürfen. Insofern müsste er einen Fachmann beauftragen, was Kosten generieren wird.

Um hier nicht einen jahrelangen Nachbarschaftsstreit hervorzubringen, ist es ratsam, das gemeinsame Gespräch zu suchen, bevor man selbst zu Säge greift oder Fachleute kostenpflichtig beauftragt. Ist eine Absprache mit dem Eigentümer der Hecke nicht möglich oder nicht zu erwarten, bieten sich zunächst auch Schlichtungs- und Schiedsstellen an, die ggf. Fristen setzen, an die sich der Eigentümer zu halten hat und die nach fruchtlosem Verstreichen dieser Frist die geltenden Regeln nach Rechtslage durchsetzen können.

Von David Reisner

Der Autor David Reisner beschäftigt sich mit den Themen Wohnen, Bauen,Garten, Einrichtung, Wohnideen und aktuellen Inspirationen rund um den Hausbau und aktuelle Tipps und Trends. In den Ratgebern auf Hausbau Magazin werden vom Betreiber David Reisner aktuelle Tipps umfassend und informativ dargestellt.

Privat ist Herr Reisner auf Veranstaltungen, Tanz-Festivals und Fach-Veranstaltungen im Bereich Online-Marketing anzutreffen.